ANEKDOTEN
Agenten
Agenten
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Agenten
Mein Vater war Vertreter für Kosmetik. Bei uns hieß das Agent. In den 1970ern kamen Agentenfilme auf, 007 reiste durch die ganze Welt. Für mich stellten sich nun folgende Fragen:
Wieso gab es diese Filme? Was war denn am Beruf meines Vaters so wahnsinnig spannend?
Und was waren „Geheimagenten“?
Wie konnte man denn von denen überhaupt etwas kaufen, wenn das Ganze so geheim war?
Oder waren Geheimagenten einfach Hausierer? Da gab es sicher viele Erlebnisse, manche davon wahrscheinlich auch gefährlich … Fragen über Fragen!
Johanna Kandl
Alle Flughäfen sind einander ähnlich
Alle Flughäfen sind einander ähnlich
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Alle Flughäfen sind einander ähnlich
Johanna war bereits zu Beginn der 1990er Jahre in Baku gewesen. Als ich 1995 mit ihr dorthin reiste, erzählte sie mir, dass der Flughafen etwas ungewöhnlich sei. Ich entgegnete: „Flughäfen sind einander doch alle irgendwie ähnlich – einer ein wenig größer, der andere ein wenig kleiner.“
Als wir uns um 4 Uhr morgens beim Anflug der Landebahn näherten, lagen neben der Landebahn große Betonbrocken; der Flughafen war eine Baustelle mit rostenden Kränen.
Wie ich später erfuhr, war der begonnene Umbau nach dem Ende der Sowjetunion und dem Abzug der Russen ein paar Jahre vorher nicht mehr weitergeführt worden.
Das Flughafengebäude war sehr dunkel, nur erhellt von zwei Leuchtkästen mit Marlboro- und Coca-Cola-Reklamen. Unsere Freunde Togrul und Elnur begrüßten uns.
Beim einzigen Förderband warteten wir etwa 30 Minuten auf unser Gepäck, doch das Förderband bewegte sich nicht. Schließlich kam ein Mann in gebückter Haltung auf dem Förderband durch das Loch – in jeder Hand einen unserer Koffer.
Helmut Kandl
Angst vor Grenzverkehr
Angst vor Grenzverkehr
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Angst vor Grenzverkehr
Einmal spazierten wir mit Viktor Korsunski, dem Zahlmeister des Passagierschiffes „Wolga“, am Donauufer in Izmail entlang, und er erzählte uns, dass er hier als Kind immer gebadet hatte. Dann zeigte er auf einen Wachtturm und sagte: „Die haben jeden Abend den Strand gerecht, damit sie sehen, wenn in der Nacht jemand bei der Donau gewesen ist.“
Das Verhältnis der Ukrainer zu Rumänien war zu dieser Zeit nicht besonders gut. Man hatte Angst, dass Menschen oder Waren illegal über die Donau gelangten.
Johanna und Helmut Kandl
Bananen
Bananen
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Bananen
1986 hatte ich eine Ausstellung in der Galerie Knoll in Budapest. Meine Mutter fuhr mit dorthin. Eine junge Künstlerin, Rosa E., hatte mich eingeladen, bei ihr zu wohnen. Kurz vorher hatte ich sie bei mir in Wien beherbergt.
Mein Schwager riet meiner Mutter, Bananen mitzunehmen – es gebe keine in Budapest, die Leute seien dort sehr arm.
Das Haus, in dem Rosa wohnte, stellte sich als eine feudale Villa in einem noblen Budapester Außenbezirk heraus – Rosas Vater war Chirurg, ihre Mutter Unternehmerin, der etliche Restaurants gehörten.
Meine Mutter war ganz verwirrt und „erschlagen“ von so viel Eleganz, hatte sie doch ihr ganzes Leben in einem Arbeiterbezirk verbracht, davon 25 Jahre in einer schlecht beheizbaren Baracke.
Wir wurden großzügig bewirtet und untergebracht. Wir hatten nur ein Problem: Was tun mit den vielen Bananen? Wir aßen sie nachts heimlich im Zimmer auf und schmuggelten die Schalen in unseren Handtaschen aus dem Haus.
Johanna Kandl
Costcutter
Costcutter
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Costcutter
Als ich 1998 ein Auslandsstipendium für London hatte, konnte ich im Haus des Bundesministeriums in der Wrexham Road im East End wohnen.
Einige Jahre zuvor hatte mir ein Mitarbeiter des österreichischen Kulturinstituts in London auf die Frage, wie es dort sei, geantwortet: „Das kann ich Ihnen nicht sagen, in diese Gegend gehe in nie.“
Mir gefiel es dort gut, nur anfangs hatte ich ein paar kleine Probleme, mich auf den Alltag einzustellen, z. B. beim Einkaufen. Das Haus, das immer zwei Stipendiaten beherbergte, hatte eine kleine Gemeinschaftsküche. Das nächste Geschäft „News Agent – General Store“ war gleich an der Ecke. Es gehörte einem Pakistani und hatte außer einigen Zeitungen, drei Zigarettenmarken, Milch, Schokolade und Cola-Dosen leider wenig zu bieten.
Auch nicht weit entfernt war eine Filiale der Kette „Costcutter“. Auf den ersten Blick dachte ich: „Na ja, wie eine kleine Billa-Filiale.“ Bald bemerkte ich aber, dass es hier eigentlich nur Fertigprodukte gab: Packerlsuppen, Dosengulasch, Tiefkühlpizza, chinesische Gemüsereispfanne, Paella und Ähnliches. Ich koche jedoch gern. Nach einiger Zeit fand ich einen Tiefkühlfisch, so einen in Blöcke gepressten Seefisch, bei uns meist Dorschfilet.
Die Überraschung kam, als ich den Fisch in der Pfanne zubereitete. Nach kurzer Zeit bekam er an der Oberseite braune Streifen, als sei er auf einem Grill gelegen – offenbar war er so designt.
Später fand ich den zehn Minuten entfernten „Roman Road Market“, wo es unter anderem ein kleines Fischgeschäft gab.
Helmut Kandl
Das Feld in Floridsdorf
Das Feld in Floridsdorf
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Das Feld in Floridsdorf
Der Wiener Arbeiterbezirk Floridsdorf liegt nördlich der Donau und ist nicht gerade eine feine Wohngegend, aber mit seinen immer noch existierenden Bauernhöfen, Weingärten und Kukuruzfeldern (Maisfeldern), seinen Industrieanlagen und Gemeindebauten ein sehr interessanter Bezirk. Floridsdorf war nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1955 russische Zone.
Gegenüber unserem Farbgeschäft an der Westseite der nordsüdlich verlaufenden Brünner Straße lag ein sehr großes Getreidefeld, das mir endlos erschien.
Ich fragte meine Mutter: „Was kommt nach dem Feld?“ Sie antwortete: „Russland!“
Ich fragte meine Großmutter: „Was kommt nach dem Feld?“ Sie antwortete: „Leopoldau!“
Die Frage war: Was kommt zuerst?
Johanna Kandl
Das Hotel in Přerov
Das Hotel in Přerov
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Das Hotel in Přerov
1996 machten wir eine kleine Rundreise durch Mähren. In Přerov übernachteten wir in einem großen, zirka zwanzigstöckigen Hotel am Rande der Stadt.
Přerov ist im herkömmlichen Verständnis keine schöne Stadt, ist vor allem industriell geprägt und hat keinen netten mittelalterlichen Stadtkern wie so manch anderer mährische Ort.
Im Hotel schienen hauptsächlich Menschen zu wohnen, die während der Woche in Fabriken oder auf Baustellen arbeiteten. An der Rezeption des Hotels hatte man uns von dem hauseigenen Restaurant im länglichen Trakt erzählt. Als wir es am Abend aufsuchen wollten, konnten wir es nicht finden. Wir gingen hinaus und umkreisten das Gebäude nach einem Eingang suchend, aber wir fanden nichts. Johanna, die Erfahrung mit „sozialistisch-dezenter“ Beschilderung hatte, drängte darauf, es nochmals zu versuchen. Wir kamen in einen dunklen Gang und blickten uns um. Da war ein dunkler Vorhang und dahinter eine kleine versteckte Tür, die wir vorsichtig öffneten. Vor uns erstreckte sich ein riesiger, voll beleuchteter Speisesaal mit gut hundert Gästen, die meisten Männer, die aßen, tranken, rauchten und plauderten.
Johanna und Helmut Kandl
Der Geschäftsmann
Der Geschäftsmann
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Der Geschäftsmann
Als wir Ende 1997 in Aserbaidschan waren, trafen wir einen Wiener Geschäftsmann, der teilweise in Baku lebte und dort Geschäfte abwickelte, aber auch als Förderer von Künstlern bekannt war. Wenn man den charmanten älteren Herrn nach seinen Beruf oder danach fragte, was er hier in Baku mache, bekam man nur die knappe Antwort: „Geschäfte.“
Einmal erzählte er uns, er habe auf die falsche Familie gesetzt, nämlich nicht auf die des Staatspräsidenten Aliev, und das würde sich auf seine hiesigen Geschäfte sehr ungünstig auswirken.
Für den nächsten Tag waren wir zu ihm zum Frühstück eingeladen. Als wir zu seinem Haus kamen, wurden wir von einem der vier Wachposten empfangen. Das Haus war von einer festen Mauer umgeben. Als wir den Garten betraten, sahen wir, wie gerade ein Tankfahrzeug Wasser in den Pool pumpte. Der Hausherr: „Mineralwasser, ich hab eine sehr empfindliche Haut! Das Wasser ist hier nicht gut.“
Er zeigte uns eine Reihe von Gemälden, die er von Künstlern in Baku erworben hatte, während seine Bodyguards/Diener/Sekretäre uns umkreisten. Das Frühstück wurde uns vom Hausherrn selbst serviert. Während des Frühstücks kam eine junge Frau mit leicht verschlafenem Blick aus einem Nebenzimmer.
Sie wurde uns kurz vorgestellt. „Wenn wir dann in die Stadt fahren, bringen wir sie noch schnell bei ihr zu Hause vorbei“, meinte der Hausherr, und die Dame, jetzt im Pelzmantel und in hochhackigen Schuhen, stieg mit uns in den wartenden Mercedes. Wir setzten sie unterwegs ab und fuhren zur jährlichen Weihnachts- bzw. Neujahrsfeier der Künstlervereinigung weiter. Unser Bekannter, der Geschäftsmann aus Wien, wurde begeistert begrüßt.
Selten, aber doch decken sich Erwartung und Erfahrung …
Johanna und Helmut Kandl
Der Herr Pfarrer
Der Herr Pfarrer
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Der Herr Pfarrer
Die kleine Gemischtwarenhandlung meiner Eltern bot eine breite Warenpalette: u. a. Diesel und Kohle, Lebensmittel, Nägel, Farben, Textilien, Futtermittel, Geschirr, Kondome, Tabakwaren und Zeitungen.
Der Ort hatte zumindest vier Respektspersonen, den Doktor, den Bürgermeister, den Oberlehrer und den Pfarrer. Der Oberlehrer wurde mit „Herr Direktor“ angesprochen, er leitete die zweiklassige Volksschule; seine ca. 15 Jahre jüngere Frau war die zweite Lehrkraft.
Der Herr Pfarrer kam täglich ins Geschäft meiner Eltern, der Pfarrhof lag gleich nebenan. Täglich nahm er das Boulevardblatt „Kronen Zeitung“ zur Hand, schlug die Seite sieben mit der Nackten auf und sagte: „So eine Schweinerei!“ Dann legte er die Zeitung wieder zurück. So ging das viele Jahre …
Helmut Kandl
Der Plan von Lviv
Der Plan von Lviv
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Der Plan von Lviv
1990 war ich in Lviv. Am hoteleigenen Verkaufsstand sah ich einen Stadtplan. Es war damals in den osteuropäischen Ländern immer recht schwierig, Landkarten oder Pläne zu bekommen, und ich wollte ihn deshalb sofort haben. Die Dame hinter dem Pult wollte ihn mir aber nicht verkaufen. Ich fragte nach dem Preis. Sie wiederholte, dass sie ihn mir nicht geben könnte. Ich bestand weiter darauf, ihn kaufen zu wollen.
So ging das hin und her, und wir wurden immer heftiger, lauter und aggressiver. Schließlich meinte die Dame: „Wissen Sie was, ich schenke Ihnen den Plan!“
Johanna Kandl
Die Überfahrt Tulcea–Izmail
Die Überfahrt Tulcea–Izmail
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Die Überfahrt Tulcea–Izmail
Für unser Projekt hatten wir eine Reise nach Izmail im Donaudelta vorgesehen, wo die UDS ihre Zentrale hat. Wir wollten mit der Bahn ins Donaudelta fahren und mit unseren Freunden, die den Winter im Heimathafen verbracht hatten, im Frühjahr mit der „Wolga“ bei der ersten Saisonfahrt nach Wien zurück.
Auf dem Weg nach Izmail war eine Zwischenstation in Braşov (Kronstadt) in Rumänien eingeplant, um einen Freund zu besuchen, der dort eine Schuhmanufaktur betreibt. Für die Weiterreise nach Tulcea, die rumänischen Stadt, die Izmail gegenüberliegt, hat er uns seinen Chauffeur empfohlen, der uns sagte, dass wir von Tulcea mit einer Fähre über das hier 25 km breite Delta nach Izmail kämen.
In Tulcea gab es jedoch keine Fähre. Wir erfuhren, dass sie nur im Sommer regelmäßig verkehren würde. Heute, an einem Samstagnachmittag, hätten wir sowieso keine Chance, manchmal ginge am Mittwoch eine. Der Chauffeur, der die Fahrt über selbstbewusst und gesprächig gewesen war, wurde nun ziemlich kleinlaut. Wir wussten, dass wir am anderen Ufer von unseren Freunden erwartet wurden, sie auch sicherlich für uns gekocht hatten.
Auf dem Landweg gab es nur die Möglichkeit, über eine etwa 100 km entfernte Brücke zu fahren, was aber auch nicht viel Sinn gemacht hätte, da wir dann durch Moldawien hätten fahren müssen, wofür wir kein Visum hatten.
Als wir etwas hilflos im Hafen herumgingen, sprach uns ein ungefähr 40-jähriger Mann an und machte uns das Angebot, uns noch am selben Tag mit seinem Boot, der „Egreta Mica“, um 100 US-Dollar nach Izmail zu bringen. Wir waren überrascht, aber vor allem unsicher. Es war bereits später Nachmittag, man konnte sich ausrechnen, dass wir etwas Geld bei uns hatten. Wer würde schon etwas sehen, wenn wir auf der Fahrt zwischen den vielen kleinen Inseln verschwinden würden? Der Mann bemerkte natürlich unsere Unsicherheit und sagte: „Sie brauchen keine Angst zu haben, ich bin Russe!“
Viel Wahl hatten wir nicht, und wir erklärten uns schließlich einverstanden. Es war uns nicht klar gewesen, welcher bürokratischer Apparat in Bewegung kommt, wenn ein Schiff, auch ein sehr kleines, ein Land verlässt und in einem Hafen in einem anderen Land anlegen will. In Tulcea kam eine Gruppe von einem Dutzend Menschen, um die nötigen Amtshandlungen durchzuführen. Darunter der apathisch betrunkene Hafenmeister in Uniform, sein Stellvertreter, der eigentlich alles erledigte, eine Schreibkraft, der Amtsarzt, ein Herr vom Zoll. Nach einer guten halben Stunde konnten wir ablegen. Diese Amtshandlung hatte uns etwas beruhigt, auch der Umstand, dass wir mit dem Mobiltelefon unsere Freunde in Izmail erreichten.
Die „Egreta Mica“ war ein nettes kleines Boot; wir konnten uns hinten niederlassen, und der Kapitän ging ans Steuer. Kaum hatten wir den Hafen verlassen, öffnete sich die Tür der kleinen Kajüte, und ein zweiter Mann kam heraus; er war zwar während der Amtshandlung dabei gewesen, aber dann hatten wir ihn nicht mehr gesehen. Er hatte ein ca. 40 cm langes Messer in der Hand. Unser Herz blieb fast stehen.
Er ging zu einer Schüssel, die mit einem Tuch zugedeckt war, nahm einen Fisch heraus, zerteilte ihn mit dem Messer und briet ihn. Der Fisch schmeckte sehr gut. Wir holten einen Karton mit Mozartkugeln heraus.
Die 25 km lange Fahrt durch das Donaudelta in der Dämmerung an diesem Frühlingsabend war wunderbar.
Als wir uns dem Hafen von Izmail näherten, sahen wir bereits unsere winkenden Freunde vom Schiff „Wolga“. Die Formalitäten hier waren bereits alle vorbereitet. So brachten wir sie rasch hinter uns, und es erwartete uns ein großartiges Abendessen.
Helmut Kandl
Fritz die Krawatte
Fritz die Krawatte
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Fritz, die Krawatte!
Meine Mutter legt großen Wert auf Äußeres – auf Kleidung, Frisur, Auto etc. Auch mein Vater und ich wurden entsprechend ihren Vorstellungen hergerichtet.
Im Kleinkind- und Volksschulalter wurde ich an Sonn- und Feiertagen mit Fliege und Hut ausgestattet. Mir war das sehr unangenehm, niemand im Dorf war so gekleidet, und ich wurde oft ausgelacht. Um 1970 herum, als Mittelschüler, waren natürlich auch für mich lange Haare das wichtigste Mittel meiner Auflehnung.
Jahre später – ich wohnte nicht mehr bei meinen Eltern, war verheiratet und arbeitete in einem Büro – nutzte ich gern die Wochenenden, um bei meinen Eltern etwas Zeit auf dem Land zu verbringen. Die ganze Woche im Büro in einem Anzug, trug ich in der Freizeit lieber legere Kleidung. Einmal ging an einem Sonntagvormittag mein Schulfreund Ferdl „schön“ gekleidet für den Kirchgang mit seiner Frau an unserem Haus vorbei. Sofort stichelte meine Mutter gegen meine damalige Frau: „Schau, wie die Edith den Ferdl schön beinand hat!“
Auch mein Vater wurde ständig von ihr zurechtgewiesen: „Fritz, du hast Brösel auf dem Pullover!“ – „Fritz, deine Haare! Hast du einen Kamm mit?“ – „Fritz, deine Schuhe!“ War einmal die Krawatte verrutscht: „Fritz, die Krawatte!“
Helmut Kandl
Fritzelack
Fritzelack
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Fritzelack
Meine Eltern hatten im Wiener Gemeindebezirk Floridsdorf, Brünner Straße 165, ein Farbengeschäft „L. & E. Kandl – Farben, Lacke, Drogeriewaren und Haushaltsgeräte“. Auf den Rollbalken des Geschäfts war groß der Fritzelack gemalt, das Logo der Firma O. Fritze, eines der bekanntesten Logos der Nachkriegszeit. Der Lehrbub, der die Farbe verschüttet hat, ging in die Umgangssprache ein: „Einen Fritzelack reißen“ bedeutete und bedeutet noch immer „hinfallen“.
Erfolg und Misserfolg liegen nahe beieinander. Trotz des populären Logos verschwanden die Produkte der Firma, sodass der Fritzelack heute vor allem als Legende existiert. Das Logo selbst trägt das Scheitern schon in sich – das Missgeschick des Lehrbuben, der die Farben verschüttet.
In den späten 1960er und frühen 1970er Jahren wurden die Supermärkte zu einer übermächtigen Konkurrenz, die altmodische und unzeitgemäße Geschäfte wie das unsere zunehmend unmöglich machte. Unser Farbgeschäft hat dann auch den Fritzelack gerissen.
Mein Verhältnis zum Baumarktbesitzer Essl ist also nicht ungetrübt. Über die Kunst bin ich dann mit dem Ehepaar Essl in Kontakt gekommen.
DEN ÖKONOMISCHEN VERÄNDERUNGEN ANGEPASST VERKAUFE ICH FARBE ALS WEITERVERARBEITETES PRODUKT!
1997 kauft das Ehepaar Essl Bilder von mir. Danach gehe ich zum ersten Mal in einen Baumarkt und kaufe eine Holzplatte.
Johanna Kandl
Hotel Izmail
Hotel Izmail
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Hotel Izmail
Um ein Visum für die Ukraine zu bekommen, mussten wir eine Hotelreservierung vorweisen können. Über ein Reisebüro in Odessa konnten wir schließlich nach einigen Schwierigkeiten ein Zimmer im Hotel Izmail in Izmail buchen.
Als wir beim Hotel ankamen, sahen wir davor einige teure Autos, beim Eingang standen zwei Herren im Anzug. Im relativ großen Foyer war ein Empfangsschalter, der jedoch geschlossen war. In einer Ecke des Raumes saßen drei Damen, die wir nach unseren Zimmern fragten. Sie wirkten etwas verwundert. Nach einer Weile ging eine weg, um sich zu erkundigen. Sie kam zurück, es wurde diskutiert, es wurde telefoniert, schließlich erfuhren wir, dass wir noch kurz warten müssten.
Nach etwa dreißig Minuten ging plötzlich der Rollbalken des Schalters hoch, und wir wurden von einer älteren Dame sehr formell nach unseren Wünschen gefragt. Zuerst wusste sie jedoch nichts von unserer Reservierung und der damit verbundenen Vorausbezahlung. Nach einigen Telefonaten fragte sie dann, ob wir ein normales oder ein Luxuszimmer wünschten. Als wir nach dem Unterschied fragten, überlegte sie eine Weile und sagte dann, dass die Luxuszimmer Balkons hätten. Wir entschieden uns dafür.
Das Zimmer war groß, aber schäbig. Das Hotel war ein Stundenhotel.
Unseren Freunden von der „Wolga“ war das alles sehr peinlich, obwohl sie ja nichts dafür konnten. Sie luden uns ein, die nächsten Tage auf dem Schiff zu nächtigen, was wir gerne annahmen.
Johanna und Helmut Kandl
Inkasso
Inkasso
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Inkasso
Herta, eine Verwandte meiner Mutter, war fast täglich bei uns. Sie war ein nicht ganz einfacher Fall: geistig behindert, schwerhörig und nicht bereit, ein Hörgerät zu verwenden, redete sie extrem laut. Außerdem roch sie recht streng.
Sie hatte in der Familie eine ganz wichtige Funktion: Sie war das Inkassobüro. Meine Mutter schickte sie zu hartnäckigen Schuldnern zum Kassieren. An ihr prallten sämtliche Argumente säumiger Zahler (Sie hätten kein Bargeld im Haus, die Banken seien nicht geöffnet, sie seien gerade nicht flüssig, aber am Montag würden sie sicher alles einzahlen …) ab. Herta, nur von dem einen Gedanken besessen, alles richtig zu machen und keinesfalls ohne den ihr genannten Betrag zurückzukommen, war für diese heiklen Missionen die ideale Besetzung. Sie war immer erfolgreich, besser als je ein Anwalt oder ein Inkassobüro es hätten sein können.
Johanna Kandl
Katastrophen und andere Unterhaltungen
Katastrophen und andere Unterhaltungen
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Katastrophen und andere Unterhaltungen
Am Abend saß Familie Kandl gern beisammen.
Man musizierte, nicht nur auf dem Klavier; auch Deckel, Gläser, Töpfe, Waschrumpeln und Glocken kamen zum Einsatz. Tante Hermine hatte eine spezielle Funktion: Sie bediente den Paschaffen, einen Plüschaffen, dessen Tschinellen mit Batterien betrieben wurden.
Bevorzugt wurden kleine Dramen, Szenen mit Verkleidungen aufgeführt.
Das Lieblingsstück war „Titanic“.
Der Kapitän (mein Bruder Leo): „Wir müssen das blaue Band erreichen und schneller fahren. Offizier, legen Sie Steine auf die Ventile.“
Erster Offizier (ich): „Aja, Sir, Steine auf die Ventile! –“
Programmgemäß ging die ganze Familie jeden Tag mit Mann und Maus unter.
Katastrophen waren beliebt, weil sie gut von Schmutz, Enge und Kälte ablenken und Arm und Reich gleichermaßen treffen.
Eines Abends las meine Mutter vor: „Der Vulkan bricht aus, glühendes Magma fällt in den Pazifik, die Erde bebt, der Himmel verdunkelt sich, ein Grollen aus den Tiefen der Erde …“
In diesem Moment hörte man Lärm aus der Küche: Die Bodenpasta, die mein Vater kochte, war explodiert.
Johanna Kandl
Mafia in Belgrad
Mafia in Belgrad
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Mafia in Belgrad
1999, kurz nach der Bombardierung durch die NATO, besuchten wir zwei Freundinnen in Belgrad. Wir wohnten bei Daria im Stadtteil Zemun, nahe der Donau. Sie erzählte uns von den Bombardierungen und dass gleich nebenan die „Mafia“ wohnte, was wir ihr nicht wirklich glaubten.
Am nächsten Tag fuhren wir zu Jelica nach Surčin, einem Vorort von Belgrad in der Nähe des Flughafens. Sie erzählte uns von den Bombardierungen, die die Gegend verseucht hätten, und dass viele Menschen krank würden. Später sprach sie davon, dass gleich nebenan die „Mafia“ wohnte, angeblich dort auch Leute gefangen hielt. Wir hielten ihre Erzählungen weitgehend für Gerüchte.
Ein Jahr später konnten wir in einer österreichischen Zeitschrift lesen, dass in Serbien von der NATO viele Bomben geworfen worden waren, die radioaktive Verseuchungen verursacht hatten, und zwar vor allem in der Gegend des Belgrader Flughafens. Dort seien viele Menschen gesundheitlich geschädigt.
Als 2003 Zoran Djindjić, der Premier, ermordet wurde, konnte man tags darauf in den Zeitungen lesen, dass die Banden von Zemun und Surčin die Hauptverdächtigen dieses Anschlags seien.
Johanna und Helmut Kandl
Mecklenburg’sche Geschichten
Mecklenburg’sche Geschichten
ANEKDOTEN
Mecklenburg’sche Geschichten
Die Wiedervereinigung Deutschlands und die damit verbundene Änderung des Wirtschaftsystems haben die Menschen in vielen Orten der ehemaligen DDR oft sehr verunsichert – manchmal durchaus nachvollziehbar.
Wir waren zu einem partizipatorischen Projekt in einen netten kleinen Ort in Mecklenburg eingeladen.
In dem Ort gab es keine Einkaufsmöglichkeit mehr, der Supermarkt war vor Jahren geschlossen worden, und das Gebäude verfiel schön langsam. Als wir einen Dorfbewohner darauf ansprachen, begann dieser sofort zu klagen.
Er erzählte uns, dass eine Gruppe von Personen des Ortes seit einiger Zeit den Laden in Eigeninitiative wieder betreiben wollten, um die Versorgung im Ort wiederherzustellen. Die Treuhand Ost verhindere dies jedoch, und sonst habe sich halt noch niemand gefunden. Er glaube, dass die Treuhandgesellschaft Interesse an einer langsamen Abwicklung habe, damit die Verantwortlichen ihre gut bezahlten Jobs länger behalten könnten.
Das Gestüt (ein ehemaliger Vorzeigebetrieb der sportlich engagierten DDR) sei bald nach der Wende privatisiert worden, da hätten einige bestimmte Interessen gehabt. Da seien wertvolle Pferde sehr billig verkauft und am selben Tag um ein Vielfaches weiterverkauft worden.
Der Nachbarort des Dorfes hatte nur 30 oder 40 Häuser, und zu DDR-Zeiten hatte es eine kleine Poststelle gegeben. Die Zustellung der Post wie den Dienst im Postamt hatte eine Frau aus dem Ort besorgt. Nun war dieses Postamt seit langem geschlossen. Für die Zustellung der Briefpost kam nun täglich ein Postbeamter aus der etwa zehn Kilometer entfernten Kleinstadt. Die Paketpost lieferten seit einigen Jahren private Zusteller, die nun separat von der Briefpost auch diesen kleinen Ort regelmäßig anfahren mussten. Wenn jedoch jemand aus dem Dorf einen Brief oder ein Paket versenden wollte, musste er zum Postamt in die erwähnte Kleinstadt fahren.
Die Dame, die seinerzeit die kleine Poststelle betreut hatte, war seit Jahren arbeitslos und lebte von der staatlichen Unterstützung.
In diesem Ort konnten wir in einem schönen ehemaligen Bauernhof wohnen. Die Eltern des Besitzers hatten den Hof noch selbst betrieben.
Da die Felder zu DDR-Zeiten von einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft bestellt worden waren, war der Sohn nicht mehr Bauer, sondern Elektriker geworden. Nach der Wende war die LPG natürlich aufgelöst worden, und die Familie hatte ihren Besitz zurückbekommen.
Für die Fortsetzung der Landwirtschaft im Ort hatten sich nicht viele gefunden, da die zuletzt in der LPG Beschäftigen nicht das Kapital zur Anschaffung eines Betriebes (Felder, Betriebsstätte, Maschinen etc.) gehabt hatten. Größere Investoren hatten sich für diesen kleinen entlegenen Ort auch nicht gefunden.
Der Sohn stellte den Großteil der Felder kostenlos einem Schäfer zur Verfügung, der auf dem ehemaligen Ackerland nun seine Tiere weiden ließ.
Da sich der Elektriker verpflichtet fühlte, des Erbe seines Vaters nicht verwahrlosen zu lassen, hatte er auf den anderen Grundstücken Rasen angebaut und Sträucher gepflanzt. Seine Freizeit (Wochenenden und Urlaube) benötigte er, das alles in Schuss zu halten.
Auch die Landwirtschaftsingenieurin, die die LPG geleitet hatte, war arbeitslos geworden. Sie betreute nun das Kind ihrer Tochter, weil es keine Kinderbetreuungsstätten mehr gab. Sie sagte: „Das soll nun eventuell anders werden. Die Regierung hat jetzt vor der Wahl eine Idee gehabt, wie sie junge Paare wieder zu mehr Kindern motivieren kann. Sie will im ganzen Land mehr Kinderbetreuungsstätten einrichten.“
Helmut & Johanna Kandl
Mein Vater sagte oft
Mein Vater sagte oft
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Mein Vater sagte oft
Mein Vater sagte oft: „Ich sage nicht SO und nicht SO, sonst heißt es dann, ich hätte SO oder SO gesagt.“
Manchmal auch: „Viel denken macht Kopfweh.“
Oder: „Das Denken überlass den Pferden, die haben größere Köpfe!“
Helmut Kandl
Mein Vater
Mein Vater
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Mein Vater
Mein Vater wurde 1925 in Laa an der Thaya geboren, einer kleinen Stadt, die 1230 als Bollwerk gegen die böhmisch-mährischen Landesherren angelegt worden war. Von 1945 bis 1989 lag Laa am Eisernen Vorhang.
Mein Vater war nie wirklich vom Weinviertel weggekommen; abgesehen von seinen Jahren im Krieg, aus dem er als 19-jähriger SSler mit Kopfschuss, schwer traumatisiert in die russische Besatzungszone zurückkehrte. Er arbeitete beinahe sein ganzes Leben in Laa, wo die meisten seiner Verwandten und Bekannten lebten und auch arbeiteten.
Fremden und besonders den Nachbarn jenseits der Grenze misstraute er. Als nach 1989 der Grenzverkehr sehr schnell zunahm, war ihm das gar nicht recht.
Obwohl sich dadurch die Region wirtschaftlich rasch belebte, blieb er, wie viele andere Menschen in dieser Gegend, skeptisch bis ängstlich. Einmal sagte er: „Acht Meter hätte ich die Mauer gebaut!“
Ich glaube, es war 1999, als ein tschechischer LKW vor dem Haus meiner Eltern parkte. Der Fahrer saß im Führerhaus und machte offensichtlich Pause. Meinen Vater irritierte das Fahrzeug sehr. Nach etwa 15 Minuten rief er die Gendarmerie an und verlangte die Entfernung des Fahrzeugs.
Als der Gendarm kam, bat er den LKW-Fahrer, ein Stück nach vorn zu fahren. Dann sagte er zu meinem Vater: „Herr Schäffer, der Fahrer saß ja im Fahrzeug, den hätten Sie doch auch ersuchen können, dass er ein Stück weiterfährt, damit Sie aus Ihrer Einfahrt herausfahren können.“ Darauf mein Vater: „Ich will doch gar nicht weg!“
Ein noch peinlicherer Vorfall ereignete sich einmal in Ameis. Ein Bauer fuhr vom Feld zurück ins Dorf. Es war bereits finster geworden, als er unweit des Ortes, hinter dem Bahndamm, ein geparktes Auto entdeckte, das er nicht kannte – und das er verdächtig fand. Er fuhr zu meinem Vater und erzählte ihm davon. Mein Vater nahm sein Jagdgewehr und fuhr mit dem Bauern los, um sich das Auto anzuschauen. Es stand noch immer am selben Platz, mit den verdächtigen Personen drinnen. Mit dem Gewehr in der Hand stellte mein Vater die Insassen zur Rede: Es war eine meinem Vater und dem Bauern gut bekannte Frau aus dem Ort mit ihrem Liebhaber.
Helmut Kandl
Nach Galatz
Nach Galatz
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Nach Galatz
Wegen der zerstörten Donaubrücken in Jugoslawien konnte natürlich auch die „Wolga“ nicht fahren, und so mussten wir bei der Rückfahrt aus der Ukraine unsere Reiseroute kurzfristig ändern. Wir konnten entweder ein Schiff zurück nach Tulcea mieten oder über Moldawien fahren, wofür wir kein Visum hatten.
Unsere ukrainischen Freunde aus Izmail sagten uns jedoch, dass sie das schon regeln und uns durch Moldawien nach Galatz in Rumänien zu einem großen Bahnhof bringen würden, wo es gute Zugverbindungen gebe. An der ukrainisch-moldawischen Grenze kamen wir zuerst zu einem Zöllner, mit dem geredet wurde und der angeblich der Schwager eines unserer Reisegefährten war. Dann kamen wir zum Duty-free-Shop. Wir mussten aus dem Auto steigen, durch den Duty-free-Shop gehen und bei einem anderen Ausgang zu einem bestimmten Auto gehen, mit dem die Reise weiterging.
An der ukrainisch-rumänischen Grenze wurde wir von unserem Freund aufgefordert, dem Fahrer 10 US-Dollar zu geben, der damit ins Zollhaus ging. Nach einer Weile kam er zurück, und wir fuhren, ohne nochmals aufgehalten worden zu sein, zum Bahnhof in Galatz, wo wir rasch einen passenden Zug fanden.
Johanna und Helmut Kandl
Nescafé Straße
Nescafé Straße
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Nescafé-Straße
Georgien oder Grusien (auf Georgisch Sakartvelo), ein Staat mit 4,4 Mio. Einwohnern (davon 3,6 Mio. Georgiern), wurde 1991 unabhängig. Seitdem gibt es immer wieder Probleme mit separatistischen Bewegungen: In Südossetien, Abchasien und Adscharien gab es Bürgerkrieg. Die Machthaber der Separatisten suchen die Nähe zu Russland; die Regierung in Tiflis hingegen versucht, das Nationalbewusstsein zu fördern.
Wie in vielen exsozialistischen Ländern wurden nach dem Kommunismus und nach dem Zerfall der Sowjetunion Namen von Straßen und Plätzen geändert. Selbstverständlich wurden die neuen Straßenschilder nur mehr in der Landessprache Georgisch angefertigt – für Fremde keine einfache Situation! Die georgische Sprache und ihre Schriftzeichen sind so gut wie ausschließlich für Georgier verständlich. Die Sprache ist zudem mit keiner anderen verwandt, wurde uns gesagt, nur mit dem Baskischen gäbe es leichte Ähnlichkeiten.
Die neuen Straßennamen sind vielen Menschen unbekannt, sie kennen nur die alten Bezeichnungen.
Gemeinsam mit den georgischen Schriftzeichen ist auf Straßenschildern das Logo von Nescafé so abgedruckt, wie wir es kennen. Da das Georgische für uns ja nicht entzifferbar ist, hatte man den Eindruck, man würde von der Nescafé-Straße in die Nescafé-Straße gehen und dann auf den Nescafé-Platz kommen, usw.
Ein Bekannter, der kürzlich in Tiflis war, sagte uns, dass habe sich geändert: Nun sei eine Mobiltelefonfirma Sponsor.
Helmut & Johanna Kandl
Njet I ne budjet
Njet I ne budjet
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Njet I ne budjet
Folgende Geschichte hat uns ein Freund erzählt, dessen Vater Diplomat in der Sowjetunion war. Auf einem sehr langen sowjetischen Inlandsflug fragte er höflich die Stewardess, ob es etwas zu trinken geben würde.
Die Stewardess antwortete: „Njet I ne budjet!“ (Nein, gibt es nicht, und wird es auch nicht geben! – Mit dem Unterton: Und ich werde auch alles tun, um es zu verhindern.)
Johanna und Helmut Kandl
Rumänisches Visum
Rumänisches Visum
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Rumänisches Visum
Als ich 1993 mit der Bahn zu Malerwochen in Baia Mare nach Rumänien fuhr, wurde ich an der ungarisch-rumänischen Grenze von einem Zöllner nach meinem Visum gefragt: Ohne Visum müsse ich jetzt eines lösen und 100 D-Mark zahlen.
Ich witterte gleich Betrug – man hörte ja unglaubliche Geschichten – und weigerte mich. Nach einiger Zeit meinte der etwas ratlos wirkende Zöllner, dass ich dann aussteigen müsse. Ich blieb sitzen. Er versuchte, 100 D-Mark zu kassieren. Ich rückte nichts heraus.
Die anderen Zuginsassen „solidarisierten“ sich mit mir und ermutigten mich, einfach sitzen zu bleiben, nicht auszusteigen und nicht zu bezahlen. Der nun völlig ratlose Zöllner, der an einer Eskalation der Situation offensichtlich kein Interesse hatte, fand sind damit ab und verließ den Waggon.
Ähnlich verlief mein nächster Besuch in Rumänien: Der Zöllner versuchte, zu kassieren, ich weigerte mich, und nach einer Weile gab der Zöllner nach …
Ein Künstlerkollege, den ich dann in Baia Mare traf, erzählte mir, er hätte um 100 D-Mark ein Visum an der Grenze gelöst. Ich lachte ihn aus.
Später erfuhr ich, dass ich tatsächlich ein Visum benötigt hätte – unter Umständen an der Grenze zu lösen, um 100 D-Mark.
Johanna Kandl
Überraschung
Überraschung
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Überraschung
Berlin ist ein Ort mit einem hohen Anteil an gleichgeschlechtlichen Beziehungen. Als heterosexuelles Ehepaar mit gleichem Familiennamen hat man manchmal das Gefühl, einer Minderheit anzugehören. Schon das Schildchen „KANDL“ an der Glocke wirkt seltsam nackt.
Unlängst buche ich am Ostbahnhof eine Nachtfahrt für zwei Personen. Als ich die Karten beim Hinausgehen kontrolliere, sehe ich, dass darauf ein Damenabteil vermerkt ist. Ich gehe zurück und erkläre, dass ich mit meinem Mann fahren werde. Darauf die Dame hinter dem Schalter ganz erstaunt: „Ah, Sie reisen mit einem Mann?!“
Johanna Kandl