GEDICHTE UND LIEDTEXTE (1970er-Jahre)
Ausschnitte einer Sinuskurve
I.
festgefahrene ideen ziehen mit ständig wechselnder geschwindigkeit
närrische kreise in meinem kopf
flugs und schwubs – ein frühling ist schnell vorbei
die hitze treibt mir schweißperlen auf die stirn
die temperatur wechselt rasch
auch die glückssträhne pulsiert stark
und man macht sich leitsätze wie:
NUR BERECHNEND KANN MAN BESTEHEN
II.
viele haben noch immer rosa vorstellungen von helden
jetzt – im zeitalter der spottenden genies
im zeitalter der zerstörenden engel
die rokkoko-epoche meines lebens ist längst vorbei
illusionsende ist angesagt
doch einige haben noch nicht begriffen
auch der herzbub hat 2 seiten
und stapft in sarierspuren
III.
kleinbübchens zuckerbauten wurden zerstört
zerbombt mit falschheiten
sein hirn stand in trümmern
und schrie nach revolution
schließlich riß der hund die leine
tränen trüben klares wasser und salzen es
wie den stengel einer blume
will der wind mich brechen doch
wie ein hund das wasser
schüttle ich steine ab
IV.
die ewig scheiternden versuche
die vorgegebenen grenzen zu durchbrechen
sind schuld an der zunehmenden verhornung meiner haut
ersatz macht nicht glücklich
im nachtkästchenlichterschein erscheint die welt in paradiesischen gewändern
die wahrheit aber kann aus dem schlaf ein fröschlein wecken
die magie und sonstige zauberei können nicht weiterhelfen
denn das klima ist zu rauh zum träumen
und die kalte luft läßt dich frieren
V.
der kleine eskimo steht auf glatteis
während andere einen goldfisch an der leine
flußabwärts de schwarzen meer zutreiben
ich beobachte das spiel des rauches
und martere nächtelang müde zellen
scheinbar einiger unnützer worte wegen
der volle aschenbecher – ein schlachtfeld
so wie dieses papier
für mich brennt höchstens irgendwo eine sparflamme
doch wer dank erwartet
ist dank nicht wert
ich bereue nichts
noch habe ich meine 10 finger
meine augen und ohren
und wenn’s so weitergeht bald eine elefantenhaut
VI.
DIE SCHMETTERLINGE BENEIDE ICH
IHRER LEICHTIGKEIT WEGEN
mit der sie umherflattern
VII.
verzeiht mir’s götter – ich bin ein spötter
hab’ die füße im feuer
den löwen im genick
und vor den augen den regenbogen
der teufel drückt mich an sein herz
wie dunkel wird mir der tag
kein blaues wasser, hoffnungsschimmernd
nur
wellen, kläglich, wie hunde wimmernd
einsam, verstaubt und trocken
in socken
steh’ ich auf verlorenem stolperfeld
bin kein großer redner – bloß ein großsprecher
ein nörgler zu schutz
aus angst erkannt zu werden
bin spötter
bin kläger
bin angeklagter
VIII.
selbst wenn man mich suchen würde
fände man mich nicht
Helmut Kandl