THE BALANCE OF TRADE

Fotografie und Sammlungsobjekte von Helmut & Johanna Kandl

Das in Wien und Berlin lebende und arbeitende Künstlerpaar Helmut & Johanna Kandl entwickelt einen Großteil seiner gemeinsamen Arbeit während Reisen und Projekten, bei denen sie spezifische Merkmale einer ins Öffentliche getragenen Marktrealität sowie das von ihr ausgehende Kommunikationspotential untersuchen. Die Gesprächsmomente mit Kioskbudenbesitzerinnen und Händlerinnen auf Marktplätzen sowie den daraus resultierenden Kauf von Souvenirs und Kleidungsstücken hält das Künstlerpaar fotografisch fest. Sie sind Dokumente eines direkten „analogen Warenaustausches“ fernab eines Marktsystems, das zunehmend virtuell bzw. elektronisch abläuft.

Diese Belege analogen Waren- und Informationsaustausches dienen als Grundlage für Johanna Kandls Malerei und Helmut Kandls Foto- und Videoarbeiten. Als Resultat dieser persönlich dokumentierten Kontaktaufnahme(n) entwickelte das Künstlerpaar in unterschiedlichen Text- und Bildformationen gestaltete Tableaus, die formal zwar der Logik der Massenmedien folgen, aber durch das persönlich Erlebte konterkariert werden und so die soziale und wirtschaftliche Praxis durch die Mittel der Verfremdung und Irritation reflektieren.

Im Reportagestil der Printmedien entstehen Geschichten, die sich ins Gedächtnis der Kandls eingeschrieben haben und das öffentliche Leben von Personen, vorwiegend in ex-sozialistischen Ländern, charakterisieren. Auch die abgebildeten Menschen in den Malerei- und Fotoarbeiten der Kandls werden oft mit allgemeinen Aussagen über wirtschaftliche, soziale und politische Verhältnisse versehen, wodurch die spezifischen Einzelschicksale in einem breiteren tagespolitischen Kontext stehen.

Aus den persönlich erlebten Begegnungen und Gesprächen ergeben sich fotografische und objekthafte Memorabilien, wobei Letztere als haptische Sammlungsgegenstände den analog und digital erstellten Bildraum komplettieren. Die eigens für den vorliegenden „Report“ gestaltete Serie im Diptychon-Format verweist außerdem auf die bipolaren Repräsentationsmodelle einer Ost/West-Politik, um anhand der dargestellten Momente sowohl den Blick der Anderen als auch den auf das Andere zu fokussieren.

(Walter Seidl, 2005)